Die Schweizer - oder:

Wer hat die vorzeitige Fertigstellung von Großprojekten erfunden?

Zwei Jahre Verspätung bei der Fertigstellung eines Großprojektes in Deutschland sind seit Freitag ein McAllister. Der niedersächsische Ministerpräsident sagte nämlich am 4. Januar 2013 in Wilhelmshaven, dass er stolz sei, weil der JadeWeserPort, "pünktlich fertig wurde". Der Containerhafen ist zwar immer noch nicht ganz fertig, aber auf solche Nebensächlichkeiten legen deutsche Politikerinnen und Politiker schon lange keinen McAllister mehr. Die peilen lieber über den Daumen. Verpeilt hat sich auch Berlin - und zwar beim Willy-Brandt-Flughafen. Der kommt bei der Verspätung wahrscheinlich auf zwei McAllister. Wie viele McAllisters es bei Stuttgart 21 werden, weiß noch nicht einmal der Bahn-Chef.

Darüber machen sich jetzt sogar die Schweizer lustig. Das will schon etwas heißen. Denn bis die Eidgenossinnen und Eidgenossen merken, dass es jenseits der Alpen überhaupt noch etwas anderes gibt, vergeht gewöhnlicherweise so manches Jahr. Deswegen sagen die Zeugen Jehovas aus der Schweiz Weltuntergänge bislang auch nur für Zürich voraus. Doch nun kommt der "Blick" - und nennt uns "liebe Deutsche". Da ist Vorsicht geboten, denn die meisten Schweizerinnen und Schweizer lieben die Deutschen in etwa so wie Steuer-CD-Käufer aus Nordrhein-Westfalen. Also kaum.

Kaum hat sich auch bis Zürich, Basel, Bern und Genf herumgesprochen, dass Klaus Wowereit eher die Fliege macht als einen Flug vom Willy-Brandt-Flughafen, schon geben sie an. "Grossbaustellen?" fragt der "Blick" und antwortet sich selbst: "In der Schweiz kein Problem." Was mit einem Schmunzeln quittiert werden soll, denn so groß können in der Schweiz Großprojekte nicht sein. Weil: So groß ist die Schweiz gar nicht.

Dennoch bauen sie dort eigenen Angaben zufolge "den längsten Tunnel der Welt", der ein Jahr früher fertig wird als geplant, im Zeitplan gebuddelt werde auch in Zürich und Flughäfen werden laut "Blick" ebenfalls "ohne Probleme" aus dem Boden gezaubert. Gäbe es doch welche (nicht Flughäfen, sondern Probleme), dann seien die wirtschaftlicher Natur. Wie bei Klothen ZH: "Die Einweihung erfolgte verspätet. Nicht im Oktober 2002, sondern am 1. September 2003. Aber nicht, weil es beim Bau irgendwelche gravierenden Probleme gegeben hatte, sondern weil nach dem 11. September der Flugverkehr so zurückgegangen war, dass eine verzögerte Inbetriebnahme aus wirtschaftlichen Gründen Sinn machte." Langsam können die Schweizer eben auch. Aber nur, wenn es sein muss. Wie vor geraumer Zeit beim Wahlrecht für Frauen.

Schnelligkeit als Schweizer Tugend ist mir nicht ganz unbekannt. In jungen Jahren hatte ich eine Freundin in Luzern. Die war beim Sex auch immer schneller fertig als ich...





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